Neuer Richtwert für die Ozonbelastung

Luftbelastung mit Ozon ist ungesund

Bodennahes Ozon (O3) ist ein sekundärer Luftschadstoff. Das heisst, O3 wird in der Luft aus Vorläufergasen gebildet, welche vor allem aus menschengemachten (Stickoxide, Kohlenstoffmonoxid, Methan und flüchtige organische Verbindungen), aber auch aus natürlichen Quellen stammen. Sonneneinstrahlung und Hitze spielen dabei eine wichtige Rolle und deshalb ist die Ozonbelastung während hochsommerlichen Wetterlagen meist am stärksten.

Ozon ist ein Reizgas. Bei kurzfristig erhöhter Ozonbelastung nehmen Atemwegssymptome und Notfall-Konsultationen wegen Atemwegserkrankungen bei Patienten mit Asthma und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) zu. Eine langfristig erhöhte Ozonbelastung erhöht das Risiko für Entwicklung von Asthma, die Verschlechterung von bestehendem Asthma sowie das Auftreten von mehr Symptomen bei Allergikern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht ausserdem von einer langfristig erhöhten Sterblichkeit wegen Atemwegserkrankungen durch erhöhte Ozonbelastung aus, Eidgenössische Kommission für Lufthygiene (EKL).

Neuer Ozon-Richtwert der Weltgesundheitsorganisation

In ihrem neuesten Synthesebericht zum aktuellen Wissensstand zu den Gesundheitsauswirkungen von Luftverschmutzung beschreibt die WHO die jährliche Langzeitbelastung durch O3 auf der Grundlage einer neuen Berechnungsvorschrift. Es handelt sich dabei um die durchschnittliche Ozonbelastung während der Sommersaison. Der entsprechende WHO-Richtwert beträgt 60 µg/m3. Die EKL hat in ihrem aktuellen Bericht diese Metrik und den dazugehörigen Richtwert von 60 µg/m3 übernommen und dem Bundesrat als Vorschlag für einen neuen Immissionsgrenzwert in der Schweizer Luftreinhalte-Verordnung (LRV) unterbreitet.

Die Berechnung der Ozonbelastung während der Sommersaison ist kompliziert

Die Berechnung der Ozonbelastung in der Sommersaison ist gemäss der Definition der WHO ein wenig anspruchsvoll. Es handelt sich bei der Sommersaison jeweils um die sechs zusammenhängenden Monate mit der höchsten mittleren Ozonkonzentration im Jahr. Zur Berechnung der WHO-Metrik wird dann die höchste zusammenhängende mittlere 8-Stunden Belastung pro Tag ermittelt und alle höchsten 8-Stunden Belastungen während der Sommersaison werden dann zu einem Wert gemittelt. Konkret wurde für die Darstellung in diesem Artikel pro Jahr und Messort so vorgegangen.

  1. Bildung der Monatsmittel nach Datenkriterien der Schweizer Immissionsmessempfehlung,
  2. Berechnung von gleitenden 6-Monats-Mittelwerten aus den individuellen Monatsmitteln (Werte nur akzeptiert, wenn 6 vollständige Monatsmittel vorliegen),
  3. Identifizieren der Sommersaison-Monate, d.h. die Monate mit dem höchsten gleitenden 6-Monats-Mittelwert,
  4. Berechnung der täglichen gleitenden 8-Stunden-Mittelwerte (auf der Basis von Stundenmittelwerten),
  5. Identifizieren der jeweils höchsten täglichen 8-Stunden-Mittelwerte,
  6. Mittelwertbildung der jeweils höchsten täglichen 8-Stunden-Mittelwerte über die Sommersaison.

Sommerliche Ozonbelastung in der Schweiz ist seit langem ungesund hoch

Die Sommersaison für O3 umfasst bei uns typischerweise die Monate April bis September beziehungsweise März bis August. In der Abbildung der Langzeitentwicklung der O3-Belastung sind Messdaten im OSTLUFT-Gebiet seit Beginn der 1990er Jahre nach lufthygienischen Standortklassen dargestellt. Die Ozonbelastung während der Sommersaison liegt seit mehr als 30 Jahren über dem WHO-Richtwert und ist somit ungesund hoch. Standorte im lufthygienischen ländlichen und vorstädtischen Hintergrund sowie in erhöhten Lagen sind am stärksten von hoher Ozonbelastung während der Sommersaison betroffen. Verkehrsbelastete Standorte sind aufgrund kurzzeitiger lokaler Ozonzerstörung durch verkehrsbedingte Stickstoffmonoxid-Emissionen etwas weniger mit O3 belastet als Hintergrundstandorte. Dieser Effekt hat sich über die Jahre aufgrund sinkender Stickoxid-Emissionen des Verkehrs abgeschwächt, sodass sich die Spannbreite der Belastungsniveaus zwischen verschiedenen Standorten einander angenähert hat. Dies hat zur Folge, dass heutzutage städtische und verkehrsbelastete Gegenden tendenziell stärker durch O3 während der Sommersaison belastet sind als in früheren Jahrzehnten.

Die Ozonbelastung während der Sommersaison wird dem Verlauf einer weiteren, in der Schweiz etablierten O3-Metrik gegenübergestellt: dem höchsten monatlichen 98%-Perzentil der ½-Stundenmittelwerte. Der entsprechende Immissionsgrenzwert der LRV beträgt 100 µg/m3. Die Ozonbelastung des höchsten monatlichen 98%-Perzentils verhält sich über verschiedene lufthygienische Standortklassen ähnlich wie die der Sommersaison. Jedoch ist bei der Sommersaison-Metrik die Verteilung über die Standortklassen eindeutiger und die Langzeitentwicklung scheint besser die Entwicklung der atmosphärenchemischen Prozesse abzubilden. Die Höhe der Grenz- bzw. Richtwert-Überschreitungen ist bei beiden Metriken in einer ähnlichen Grössenordnung. Die Verteilung der Ozonbelastungen über die lufthygienischen Standortklassen ist bei der Sommersaison-Belastung klarer als beim 98%-Perzentil.

 

Max. monatl. 98 %-Perzentil der ½-Stundenwerte

Mittlere max. tägl. 8-Stundenwerte in der Sommersaison