Luftschadstoffbedingte Gesundheitskosten in OSTLUFT

Die erfolgreiche Luftreinhaltepolitik hat eine deutliche Verbesserung der Luftqualität während der letzten Jahrzehnte bewirkt. Trotz der Abnahme liegt die Schadstoffbelastung im Gebiet von OSTLUFT teilweise immer noch über den Immissionsgrenzwerten der Luftreinhalteverordnung (LRV). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im September 2021 ihre neuen Luftqualitätsleitlinien vorgestellt. Die empfohlenen Richtwerte liegen deutlich tiefer als die Immissionsgrenzwerte der LRV. Damit wird bestätigt, dass die Luftverschmutzung auch unterhalb der in der Schweiz gültigen Grenzwerte zu Gesundheitsschäden führt. OSTLUFT hat eine Studie durchführen lassen, welche die Kosten der Gesundheitsschäden für die Jahre 2015 und 2022 berechnet. Ebenso wird der monetäre Nutzen der Massnahmen zur Reduktion der Schadstoffbelastung ausgewiesen.

Bericht

PDF herunterladen

Luftverschmutzung verursacht hohe Gesundheitskosten

Als Basis für die Schätzung der luftschadstoffbedingten Gesundheitskosten wird einerseits die Bevölkerungsexposition durch Luftschadstoffe und andererseits die WHO-Richtwerte, ab welchen von einer gesundheitsschädlichen Wirkung ausgegangen wird, verwendet. Dabei werden Effektschätzer verwendet, die angeben, mit wie viel höherer Wahrscheinlichkeit eine Gesundheitsfolge auftritt, wenn die Schadstoffkonzentration zunimmt.

Im OSTLUFT-Gebiet (inkl. ganzer Kanton Graubünden) werden die Kosten für die Jahre 2015 und 2022 sowie für die Schadstoffe Feinstaub (PM2.5), Stickstoffdioxid (NO2) und Ozon (O3) ermittelt. Bei den Verursachern NO2 und PM2.5 sind sie zwischen 2015 und 2022 zurückgegangen. Bei O3 sind sie leicht angestiegen. Deren unterschiedliche Entwicklung ist in den Veränderungen der bestimmenden Grössen begründet. Die mittlere bevölkerungsgewichtete Schadstoffbelastung nimmt von 2015 bis 2022 bei PM2.5 und NO2 um 11 % bzw. 35 % ab, hingegen bleibt sie bei O3 mit einer Zunahme um 1 % beinahe gleich gross. Obwohl die Bevölkerung um 7 % und die Kostensätze zwischen 2 % und 5 % zunehmen, resultieren dank der grossen Abnahme von NO2 und PM2.5 tiefere Gesundheitskosten als 2015. Bei O3 führen die Bevölkerungszunahme und höheren Kostensätze hingegen zu einem Anstieg.

Die Gesundheitswirkungen der betrachteten Schadstoffe sind nicht klar abzugrenzen. Darum dürfen die Ergebnisse der einzelnen Schadstoffe nicht addiert werden.

Luftschadstoffbedingte Gesundheitskosten für die Schadstoffe Feinstaub (PM2.5), Stickstoffdioxid (NO2) und Ozon (O3) im OSTLUFT-Gebiet für die Jahre 2015 und 2022.

Für die Immissionen von O3 werden Mittelwerte über jeweils drei Jahre verwendet (für 2015: 2013–2015, für 2022: 2020–2022). Schwarz eingezeichnet ist der Unsicherheitsbereich.

Massnahmen zur Senkung der Luftverschmutzung führen zu tieferen Gesundheitskosten

Die Verbesserung der Luftqualität hat einen Rückgang der Kosten verursacht. Dies hat einen Nutzen, welcher beziffert werden kann. So wird berechnet, wie hoch die Gesundheitskosten bei gleichbleibend hohem Niveau der Schadstoffbelastung gewesen wären. Die Differenz zwischen den Kosten mit gleichbleibend hohem Belastungsniveau und dem tatsächlichen, sinkenden Belastungsniveau ergibt den Nutzen der Verbesserung der Luftqualität.

Die untenstehende Abbildung zeigt kombiniert die Schätzungen für 2015 und 2022 (gelb und grün) mit den Kostensätzen des jeweiligen Betrachtungsjahres. Zusätzlich ist eine blaue Säule eingezeichnet. Sie weist die Kosten für die Schadstoffbelastungen von 2015 aus, aber mit den Kostensätzen von 2022. Aus der Differenz der grünen und blauen Säule lässt sich der Nutzen der Verbesserung der Luftqualität beziffern, welcher auf vermiedene Gesundheitsschäden zurückgeht. Für PM2.5 sind es 1.5 Mrd. CHF, für NO2 sind es 3.1 Mrd. CHF. Für O3 gibt es einen leichten Anstieg um 100 Mio. CHF

Nutzen der Verbesserung der Luftqualität.

mit tatsächlicher Belastung mit 2015 Belastung

Jeder Schadstoff hat seine Hauptkostentreiber

Die ermittelten Gesundheitskosten für PM2.5 und NO2 werden den Verursachergruppen auf Basis der im OSTLUFT‑Gebiet emittierten Schadstoffen im Jahr 2021 zugeordnet. An den PM2.5-bedingten Gesundheitskosten haben die Verursachergruppen Haushalte und Dienstleistungen (hauptsächlich Holzfeuerungen) mit 41 % und Industrie mit 29 % die grössten Anteile. Wenn noch die sekundär gebildeten PM2.5 in die Betrachtung mit einfliessen, bleiben die Anteile der Gruppen Haushalte und Dienstleistungen mit 25 % und Industrie mit 28 % immer noch hoch. Zusätzlich steigt der Anteil von Land- und Forstwirtschaft auf 16 %.

Bei den Kosten für NO2 hat der Verkehr als Verursacher mit 56 % den grössten Anteil. Die Industrie folgt mit 19 %. Die restlichen 25 % teilen sich Land- und Forstwirtschaft, Haushalte und Dienstleistungen.

Zuordnung der PM2.5-bedingten Gesundheitskosten im Jahr 2022 zu den Verursachergruppen.
Variante 1: primäre Emissionen

Ergebnisse gerundet, basierend auf Emissionskataster des Jahres 2021.

Zuordnung der PM2.5-bedingten Gesundheitskosten im Jahr 2022 zu den Verursachergruppen.
Variante 2: primäre und sekundäre Emissionen

Ergebnisse gerundet, basierend auf Emissionskataster des Jahres 2021.

Zuordnung der NO2-bedingten Gesundheitskosten im Jahr 2022 zu den Verursachergruppen.

Ergebnisse gerundet, basierend auf Emissionskataster des Jahres 2021.

Die Bevölkerungsexposition hat abgenommen, aber …

Die Massnahmen zur Verbesserung der Luftqualität haben ihre Wirkung entfaltet. Die Konzentration der Luftschadstoffe ist zum Teil deutlich gesunken. Damit einhergehend hat auch die Bevölkerungsexposition abgenommen. Waren im Jahr 2015 bei PM2.5 noch 36 % und bei NO2 3 % der Bevölkerung einer Schadstoffkonzentration über dem LRV Grenzwert ausgesetzt, so waren es im Jahr 2022 bei PM2.5 nur noch 2 % und bei NO2 weniger als 1 %.

Die neuen WHO Richtwerte, ab welchen es gemäss der Wissenschaft zu einer Gesundheitsschädigung kommen kann, bewirken aber eine dramatische Verschiebung bei der Bevölkerungsexposition. So sind mindestens 82 % der Bevölkerung im OSTLUFT Gebiet einer gesundheitsschädlichen Luftbelastung ausgesetzt.

Bevölkerungsexposition im OSTLUFT-Gebiet mit PM2.5

Die rote Linie zeigt den Schwellenwert nach WHO 2021. Die grüne Linie zeigt den Grenzwert in der LRV.

Bevölkerungsexposition im OSTLUFT-Gebiet mit NO2

Die rote Linie zeigt den Schwellenwert nach WHO 2021. Die grüne Linie zeigt den Grenzwert in der LRV.

Bevölkerungsexposition im OSTLUFT-Gebiet mit O3

Die rote Linie zeigt den Schwellenwert nach WHO 2021. Der in der LRV festgelegte Grenzwert kann nicht in der Abbildung eingezeichnet werden, da sich dieser nicht auf die für die Berechnung der Gesundheitskosten verwendeten Mittelungszeit («peak season») bezieht.

Ausblick

Der Trend zur besseren Luftqualität wird sich durch technologische Entwicklungen und der Umsetzung von Luftreinhaltemassnahmen weiter fortsetzen. Dadurch wird die Schadstoffbelastung im OSTLUFT-Gebiet weiter abnehmen. Insbesondere die NO2-Belastungen werden dank emissionsmindernder Technologien im Verkehr deutlich zurückgehen. Die Abnahmen von PM2.5 und O3 sind jedoch geringer. Das Verminderungspotenzial von PM2.5 im Verkehr und den Holzfeuerungen wird mit den heute ergriffenen Massnahmen weitgehend ausgeschöpft. Die O3‑Belastung nimmt trotz Abnahme der VOC- und NOx-Emissionen im Inland nur leicht ab. Die Ursachen sind Importe von Vorläufersubstanzen und O3 aus dem benachbarten Ausland. Hingegen nimmt die von den Schadstoffbelastungen betroffene Bevölkerung stetig zu. Das Bundesamt für Statistik rechnet bis 2030 mit einer Bevölkerungszunahme von rund 9 %. Vorausgesetzt die Kostensätze bleiben gleich, kann davon ausgegangen werden, dass die Gesundheitskosten bei NO2 trotz Bevölkerungszunahme weiter abnehmen werden. Aufgrund des stärkeren Bevölkerungswachstums können aber die geringen Abnahmen bei PM2.5 und O3 gegenüber heute zu einem Anstieg der Gesundheitskosten führen. Jedoch ist es schwierig Annahmen über die Entwicklung der Kostensätze zu treffen, weil die zukünftigen Preise von unterschiedlichen Faktoren abhängen (u.a. Inflation, technischer Fortschritt, Produktivität).