Einfluss der Witterung auf die Verfrachtung von Luftschadstoffen
Das Wetter beeinflusst die Luftbelastung
Menschengemachte Schadstoffeinträge in die Luft (‘Emissionen’) sind für die Luftbelastung (‘Immissionen’) in der Schweiz ausschlaggebend. Langzeitmessreihen von Immissionen dienen unter anderem dazu, die Entwicklung der Emissionen zu verfolgen und die Wirkung von Luftreinhalte-Massnahmen nachzuweisen. Änderungen in den Schadstoffemissionen sind oft nicht direkt in der Immissionsbelastung erkennbar. Ein Hauptgrund dafür ist die witterungsbedingte Verfrachtung, Verdünnung und Veränderung (‘Transmission’) der ausgestossenen Schadstoffe. Luftschadstoffe können durch Niederschlag ausgewaschen oder durch chemische Prozesse verändert und aus der Luft entfernt werden. Zudem sind in vielen Fällen auch die Emissionen von der Witterung abhängig. Diese Zusammenhänge müssen bei Analysen von Immissionsverläufen berücksichtigt werden. Der vorliegende Beitrag ist der zweite Teil einer Reihe in den OSTLUFT Jahresberichten, die den Einfluss der Witterung auf die Luftqualität verdeutlichen soll (siehe auch Wechselspiel zwischen Witterung und Luftbelastung).
Witterungsabhängige Verfrachtung durch die Luft
Erhöhte Luftbelastung entsteht grösstenteils durch Emissionen im lokalen und regionalen Umfeld. Wie sich die ausgestossenen Luftschadstoffe in der bodennahen Luftschicht verteilen, hängt jedoch auch von der Witterung ab. Dichteunterschiede von wärmeren und kühleren Luftpaketen lassen diese aufsteigen und absinken und verursachen sogenannte turbulente Verwirbelungen. Das Ganze wird durch die wechselnde Sonneneinstrahlung mit entsprechender Erwärmung respektive Auskühlung der Luft an der Bodenoberfläche angetrieben. Zudem wird die Luft durch Hindernisse – vom Grashalm bis zum Hochhaus – verwirbelt. Wind und Turbulenz können Luftschadstoffe in der Atmosphäre sehr effizient und schnell verteilen. Dieser Abtransport und die entsprechende Verdünnung bewirken zum Beispiel, dass die Konzentration von Stickstoffdioxid aus Fahrzeugen mit zunehmendem Abstand von stark befahrenen Strassen schnell abnimmt.
Anreicherung von ausgestossenen Luftschadstoffen aufgrund stabiler Atmosphäre
Im Gegensatz dazu verursacht das Fehlen von Wind und Turbulenz eine Anreicherung von Luftschadstoffen nah an ihrem Entstehungsort, weil diese nicht mehr abtransportiert und verdünnt werden. Solche Prozesse sind sehr wetterabhängig und variieren im Tages- und Jahresverlauf. Beispielsweise ist der atmosphärische Transport in der kalten Jahreszeit sowie nachts weniger effizient als im Sommer. Unter anderem deshalb sind die Luftschadstoffkonzentrationen im Winter und in der Nacht oft erhöht. Die Mächtigkeit der Luftschicht, in welcher eine Durchmischung stattfinden kann, verändert sich ebenfalls, was zu einer An- oder Abreicherung der Schadstoffe führt. Während besonderen Wetterlagen können sogenannte Inversionen entstehen. Dabei liegt über einer durchmischten Luftschicht eine stabile Schicht, ohne nennenswerte Durchmischung. Dieser Deckel hält die ausgestossenen Schadstoffe bodennah fest. So reichern sich während sogenannten Wintersmog-Episoden über Tage ungesund hohe Feinstaubkonzentrationen an, wenn kalte, austauscharme Inversionswetterlagen verhindern, dass der ausgestossene Feinstaub ausreichend abtransportiert und verdünnt wird.
Bildung "sekundärer" Luftschadstoffe während der Verfrachtung
Während der "Transmission" beziehungsweise der Verfrachtung können sich die Luftschadstoffe durch physikalisch-chemische Vorgänge verändern wie zum Beispiel bei der Oxidation und dem Anwachsen von Feinstaubpartikeln. Es bilden sich auch neue, "sekundäre" Schadstoffe wie zum Beispiel Ozon oder sekundäre Feinstaubpartikel aus gasförmigen Vorläufersubstanzen. Viele physikalisch-chemische Vorgänge in der Atmosphäre hängen dabei von der Lufttemperatur und Luftfeuchte sowie der Sonneneinstrahlung ab. Beispielsweise ist die Bildung von bodennahem Ozon von den Konzentrationen der Vorläuferschadstoffe Stickoxide (NOx) und Kohlenwasserstoffen (einschliesslich flüchtige organische Substanzen VOC und Methan) abhängig. Unter Einwirkung von Sonnenstrahlung kurbeln diese Vorläuferschadstoffe die Ozonbildung an. Der Vorgang ist umso effizienter, desto mehr Strahlung es gibt. Deshalb tritt sogenannter Sommersmog mit ungesunden Spitzenbelastungen durch Ozon während sommerlichen Hitzeperioden auf.
Fazit:
Die vorangegangenen Beispiele verdeutlichen, dass Luftschadstoffe hauptsächlich menschengemacht sind. Die Witterung jedoch verursacht Verfrachtungs-, Verdünnungs- und Anreicherungsprozesse und entscheidet somit wesentlich mit, wie hoch die lokale Luftbelastung ist.