Modellierte Immissionskarten der Jahresmittel für Stickstoffdioxid NO₂, Feinstaub PM2.5 und PM10 sowie Russ BC in hoher Auflösung

Karten und Prognosen sind wichtige Hilfsmittel in Planung und Vollzug der Luftreinhaltung. Dazu betreibt OSTLUFT einen Emissionskataster mit den wichtigsten Quellen und deren Aktivitäten sowie Modelle, um die mittlere Luftbelastung im Jahresmittel pro Planquadrat flächendeckend zu berechnen sowie deren Entwicklung über die Zeit zu prognostizieren. Der Emissionskataster und Modellkarten wurde mit der Referenz 2015 aktualisiert und mit Prognosen für den Stand 2020 und 2030 ergänzt.

Vom Emissionskataster zu modellierten Immissionskarten

OSTLUFT betreibt seit mehreren Jahren das Immissionsmodell PolluMap für die Berechnung der Jahresmittelbelastung durch Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub PM10 und PM2.5 sowie Russ (BC). Dieses wurde bereits in den 1990er Jahren entwickelt und seither laufend im Auftrag von Bund, verschiedenen Kantonen und OSTLUFT weiterentwickelt.

Für die Modellierung der Immissionskarten bildet der Emissionskataster die wesentliche Datenbasis. Dafür werden die luftrelevanten Aktivitäten erfasst und mit den Emissionsfaktoren verrechnet. Diese Aktivitätsmuster beruhen einerseits auf statistischen Kenngrössen wie Bevölkerungszahl, Arbeitsplätze, Landnutzung und andererseits auf Erhebungen bei grösseren Betrieben. Von spezieller Bedeutung ist der Verkehr. Dank Verkehrsmodellen der Kantone und des Bundes, die auch für die Verkehrsplanung und Raumentwicklung verwendet werden, sind heute breit abgestützte Verkehrsprognosen verfügbar. Den einzelnen Strassenabschnitten werden zum jeweiligen Verkehrsregime passende Emissionsfaktoren gemäss dem internationalen Handbuchs Emissionsfaktoren (HBEFA) zugeordnet.

Für die Luftqualität (Immission) ist neben dem Ausstoss (Emission) auch die Ausbreitung und Umwandlung der Luftschadstoffe (Transmission) wichtig. Je nach geografischer Lage und Art der Quelle werden spezifische Ausbreitungsfunktionen angewendet, welche die typischen Wind- und Witterungsverhältnisse im Jahresdurchschnitt berücksichtigen. Zusätzlich werden auch die chemische Umwandlung von NO in NO2 sowie die Bildung von sekundären Feinstaub-Partikeln eingerechnet.

Die Berechnungen der Immissionsbelastung erfolgen mehrstufig und mehrschichtig für alle Quellgruppen, Schadstoffe und Planquadrate. Dabei werden auch die Importe aus den Nachbarkantonen und aus dem angrenzenden Ausland berücksichtigt. Pro Planquadrat werden alle Immissionsbeiträge zusammengezählt und das Modell mit den Messwerten der vorhandenen Messpunkte im OSTLUFT-Gebiet kalibriert.

Zu den aktuellen Verbesserungen gehören unter anderem eine Erhöhung der räumlichen Auflösung der Immissionskarten auf 20x20 Meter im Strassenbereich und die Verwendung eines verfeinerten Strassennetzes. Zudem gibt es Verfeinerungen in der verwendeten Topografie und bei der Berücksichtigung der Bildung von sekundärem Feinstaub. Das Modell schliesst neu auch das Fürstentum Liechtenstein mit ein.  Als Referenzzeitstand für den Emissionskataster und PollMap diente das Jahr 2015, zudem sind die Jahre 2020 und 2030 als Prognosen modelliert worden.

Massive Verbesserungen der Stickstoffdioxidbelastung erwartet

Die aktuellen Modellrechnungen für das Jahr 2020 ergeben Überschreitungen des NO2-Jahresmittel-Grenzwertes in der Stadt Zürich und ihrer nahen Umgebung rund um die Hauptverkehrsachsen. Auch in den Städten Winterthur und St. Gallen treten Überschreitungen in der unmittelbaren Nähe von stark befahrenen Strassen und Autobahnen auf. Diese Erkenntnisse decken sich mit den Messresultaten von 2019 und 2020, wobei beim Vergleich der Messungen von 2020 die veränderte Mobilität während der Covid-19 Pandemie berücksichtigt werden muss.

Die Prognose-Szenarien rechnen mit einer weiteren Abnahme der Emissionen und einer massiven Reduktion der NO2-Immissionen bis 2030. Nach dem Modell werden nur noch in der Agglomeration Zürich an besonders stark befahrenen Verkehrsachsen einzelne grössere Gebiete mit übermässiger NO2-Belastung gefunden. Schon heute wird grundsätzlich an Orten ohne Überschreitung des Jahresmittel-Grenzwertes für NO2 auch der Kurzzeit-Grenzwert von 80 μg/m3 im Tagesmittel eingehalten.

Feinstaubbelastung nur noch in der Fraktion 2.5 zu hoch

Etwas anders präsentiert sich die Situation beim Feinstaub PM10, denn die geografische Verteilung der PM10 und PM2.5-Belastung ist generell grossflächiger. So sind die Konzentrationen in den Hauptbelastungsgebieten in den Städten, entlang von stark befahrenen Strassen und auch in vielen Siedlungsgebieten der Ostschweiz viel homogener. 2020 liegt die prognostizierte Belastung für PM10 in der gesamten Ostschweiz unter dem Jahresmittel-Grenzwert von 20 μg/m3. Für PM2.5 liegen nur die Stadt Zürich und Umgebung, sowie einzelne Gebiete nahe stark befahrener Strassen und Autobahnen im Bereich des Jahresmittel-Grenzwertes von 10 μg/m3 oder gar darüber. Statistische Analysen zeigen, dass in Gebieten mit PM10-Jahresmitteln unter 14 μg/m3 damit gerechnet werden kann, dass auch der Tagesmittel-Grenzwert eingehalten wird. Die erwartete Abnahme der Feinstaubbelastung wird insgesamt weiter voranschreiten, so dass 2030 auch der Jahresmittel-Grenzwert für PM2.5 flächendeckend eingehalten wird.

Russbelastung sinkt in den Städten überproportional

Die Modellrechnungen für die Russbelastung des Jahres 2015 ergeben flächendeckende Überschreitungen des EKL-Richtwertes mit höchsten Konzentrationen im Raum Zürich und in Alpentälern. Zwischen 2015 und 2020 sinken die Russ-Emissionen und damit auch die Russ-Immissionen. Das ist besonders in den grösseren Städten deutlich zu erkennen und erklärt sich aus dem Rückgang der Russ-Emissionen aus dem Strassenverkehr. Hingegen sind die Reduktionen in den Alpentälern geringer, weil die Russ-Emissionen aus Holzfeuerungen weniger stark abnehmen. Längerfristig wird prognostiziert, dass das starke Absinken beim Verkehr und das schwächere Absinken bei Holzfeuerungen und der Landwirtschaft zu einer weitgehenden Auflösung der linearen Strukturen in den Alpentälern und hin zu einer Betonung flächiger Strukturen führen.

Abnahme der Bevölkerungsexposition

Die Überlagerung der modellierten Belastungskarten mit der Bevölkerungsverteilung erlaubt die Berechnung der Anzahl Menschen, die an ihrem Wohnort von Grenzwertüberschreitungen betroffen sind. Die Modellergebnisse vom Jahr 2020 zeigen, dass im OSTLUFT-Gebiet bereits für 99% der Bevölkerung der NO2-Jahresmittel-Grenzwert eingehalten wurde, sofern sie nicht direkt neben einer Hauptverkehrsachse wohnten. Während die PM10-Belastung 2020 bereits in der gesamten Ostschweiz unter dem Grenzwert liegt, bleibt die PM2.5-Belastung ein grossflächigeres Problem. Weiterhin sind Menschen an ihren Wohnorten von Grenzwertüberschreitungen betroffen. So werden auch 2020 noch mehr als 20 Prozent der Wohnbevölkerung im OSTLUFT-Gebiet an Orten mit Überschreitungen des Jahresmittel-Grenzwertes für PM2.5 leben. Gemäss den Prognose-Szenarien sollte dieser Wert bis 2030 weiter sinken. Für die Russ-Immissionen gibt es keinen Grenzwert. Die EKL empfiehlt als bevölkerungsgewichtetes Mittel den Richtwert 0.1 µg/m³ und an den am stärksten verkehrsbelasteten Standorten einen Bereich von 0.2 – 0.3 µg/m3. Innerhalb des OSTLUFT-Gebietes ist im Jahr 2020 noch rund 70 Prozent der Wohnbevölkerung einer Immission von mehr als 0.3 µg/m3 ausgesetzt.

Bei der Interpretation der modellierten Immissionskarten sind folgende drei Punkte speziell zu beachten:

Einfluss der Corona-Pandemie im Jahr 2020

Die neuen Immissionskarten von PolluMap basieren auf Emissionsdaten für die Jahre 2015, 2020 und 2030 wie sie im Frühling 2019 in der Emissions-Datenbank implementiert waren. Darin sind die Folgen der Corona-Pandemie nicht berücksichtigt. Deshalb basieren die Prognosen auf wachsenden Aktivitätsdaten betreffend Bevölkerung, Energieverbrauch, Verkehrs und Landwirtschaft. Die gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie haben Emissionsreduktionen einzelner Quellen zur Folge, die sich vermutlich auch auf die reellen Immissionen 2020 niedergeschlagen haben. Die modellierten Immissionsergebnisse 2020 dürfen deshalb als eher zu hoch betrachtet werden. Ob und in welcher Art auch die Ergebnisse 2030 betroffen sind, lässt sich momentan nicht abschätzen.

Geplante Massnahmen müssen greifen

Die Entwicklung der Luftqualität hängt stark von den effektiven Verkehrsemissionen ab. Diese machen bislang mehr als die Hälfte der Stickoxid-Emissionen (NOx = NO + NO2) aus. Die Ursache der Feinstaub und Russbelastung liegt zu rund 20% respektive 30% beim Strassenverkehr. Deshalb ist entscheidend, wie sich die neuen Euro-Normen für Personenwagen und Nutzfahrzeuge im Alltagsverkehr bewähren und wie sich die gefahrenen Verkehrsleistungen entwickeln. Für die PM2.5 und PM10, sowie die Russ-Belastung sind auch andere Quellen von Bedeutung, insbesondere die Holzverbrennung sowie Dieselmotoren in Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe. Nicht zu vernachlässigen sind zukünftig die Staub-Emissionen vom Reifen- und Bremsabrieb, die von allen Fahrzeugen unabhängig von der Antriebstechnik verursacht werden. Ohne laufende Verbesserungen bei allen Quellen sind nachhaltige Verbesserungen der Luftqualität nicht zu erreichen.

Verbesserungen manchmal langsamer als erhofft

Prognosemodelle können nur so gut sein, wie die zugrundeliegenden Annahmen. Sie unterliegen auch entsprechenden Unsicherheiten. Die Erfahrung zeigt uns aber, dass die erwarteten Entlastungen auch real eintreten. Allerdings kann sich die Umsetzung von Minderungsmassnahmen – und damit die Verbesserung der Luftqualität – auch um mehrere Jahre verzögern.

 

Kartenausschnitt aus der NO2- Immissionskarte 2020, Beispiel Raum St.Gallen

Auf der Themenseite «Luftbelastung: Modelle und Szenarien» des BAFU sind zoombare Karte für NO2, PM10 und PM2.5 für die Jahre 2015, 2020 und 2030 zugänglich.

Kartenausschnitt aus der PM2.5-Immissionskarte 2020, Beispiel Raum Zürich

Auf der Themenseite «Luftbelastung: Modelle und Szenarien» des BAFU sind zoombare Karte für NO2, PM10 und PM2.5 für die Jahre 2015, 2020 und 2030 zugänglich.

Territoriale NOx-Emissionen Schweiz 2015, 2020, 2030 (t/a)

[t/a]

Auszug aus «NO2-, PM10- und PM2.5-Immissionen Schweiz / Liechtenstein - Aktualisierung des PolluMapModells für 2015, 2020 und 2030»
Quellen: EMIS (BAFU 2019), INFRAS / Meteotest (2020); Detailzahlen für OSTLUFT sind am Sommer 2021 verfügbar.

Territoriale PM10-Emissionen Schweiz 2015, 2020, 2030 (t/a)

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Auszug aus «NO2-, PM10- und PM2.5-Immissionen Schweiz / Liechtenstein - Aktualisierung des PolluMapModells für 2015, 2020 und 2030»
Quellen: EMIS (BAFU 2019), INFRAS / Meteotest (2020); Detailzahlen für OSTLUFT sind am Sommer 2021 verfügbar.

Territoriale Russ-Emissionen Schweiz 2015, 2020, 2030 (t/a)

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Auszug aus «NO2-, PM10- und PM2.5-Immissionen Schweiz / Liechtenstein - Aktualisierung des PolluMapModells für 2015, 2020 und 2030»
Quellen: EMIS (BAFU 2019), INFRAS / Meteotest (2020); Detailzahlen für OSTLUFT sind am Sommer 2021 verfügbar.